Grüne beantworten Anfrage der Energievernunft Schwelm e.V.

Mit Schreiben vom 15. Januar an den Vorsitzenden Dr. Harald Schloßmacher hat der Fraktionsvorsitzende der Schwelmer Grünen Marcel Gießwein die Position der Fraktion zur Anfrage der Energievernunft Schwelm e.V. dargelegt. Hier sind beide Schreiben im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Schloßmacher,

vielen Dank für Ihr Schreiben und Ihr Engagement als Vorsitzender des Vereins Energievernunft Schwelm e.V. sowie das aller Aktiven aus Ihrem Verein und dem Bürgerverein Linderhausen. Das von Ihnen angesprochene Thema, der geplante Neubau einer Höchstspannungsfreileitung sowie das dazu gehörige Umspannwerk, ist in der Tat von zentraler Bedeutung für Schwelm und die Region. Als Vorsitzender der Ratsfraktion der GRÜNEN Schwelm möchte ich hiermit gerne auf Ihre Fragen eingehen und unsere Position sowie unser weiteres Vorgehen darlegen.

Vorweg ein paar Worte zur Einordnung: 
Ausdrücklich ist das Thema für uns kein Profilierungsthema. Wir nutzen es auch nicht um mit UNSEREN Aktivitäten nach außen zu gehen und für uns zu werben. Es darf auch kein Wahlkampfthema werden. Dies hat für uns unter Anderem auch folgenden Hintergrund: Für die Möglichkeit einer Erfolgschance ist es wichtig, dass wir Schwelmer*innen als Stadtgesellschaft mit einer Stimme sprechen. Dies entspricht auch der einmal getroffenen Vereinbarung unter den Fraktionen, daher vielleicht auch die Wahrnehmung, dass sich nicht alle äußern. Diesen Pfad haben einzelne bereits seit längerer Zeit verlassen, dies bedauern wir ausdrücklich. Andere Projekte zeigen, dass Amprion jede Chance nutzen wird, Uneinheitlichkeit in der Stadtgesellschaft herauszustellen und daraus eigene Argumentationsvorteile zu ziehen. Das kann nicht in unserem gemeinsamen Interesse sein.

Zu Ihren konkreten Fragen:

Zu 1. Nicht nur ich als Fraktionsvorsitzender, sondern die gesamten Schwelmer GRÜNEN begleiten das Projekt sehr kritisch. Es wird, das haben Sie richtig herausgestellt prägend sein für unsere Stadt. Es liegt ein langer Prozess vor uns. Die Schwelmer GRÜNEN erkennen die Notwendigkeit des Ausbaus der Stromnetze für die Energiewende an. Gleichzeitig nehmen wir die Sorgen der Bürger*innen sowie insbesondere der betroffenen Anwohner*innen sehr ernst. Wir setzen uns dafür ein, dass der Ausbau der Strominfrastruktur mit so wenigen Belastungen wie möglich umgesetzt wird. Dies schließt sowohl den Schutz der Wohn- und Lebensqualität als auch den Erhalt von Naturräumen ein.

Konkret bedeutet dies, dass wir politische Initiativen unterstützen, um den Einsatz von Erdkabeln anstelle von Freileitungen zu forcieren, wo dies technisch, ökologisch und wirtschaftlich machbar ist. Zudem unterstützen wir mit unseren politischen Möglichkeiten die Bemühungen, endlich „echte“ Antworten von Amprion zu bekommen. Für uns ist darüber hinaus wichtig, alternative Trassenverläufe zu prüfen, auch solche, die bereits einmal in Planung waren und nun nicht mehr auftauchen.

Sensible Bereiche wie die Linderhauser Mulde wollen wir schützen. Eine Versiegelung weiterer Flächen dort ist unnötig und für uns in keinem Fall tragbar. Selbst wenn ein Umspannwerk erforderlich wäre, gäbe es auf der anderen Seite der Autobahn ausreichend versiegelte Flächen für einen solchen Standort.

Unsere Position ist klar: Der Ausbau darf nicht einseitig zu Lasten der Lebensqualität in Schwelm gehen.

Zu 2. Wir GRÜNEN beschäftigen uns schon lange mit dieser Thematik. Wir haben dazu unter anderem bereits vor einem Jahr eine Veranstaltung mit einer Fachperson des BUND durchgeführt um uns über Belastungen für Anwohnende und die Natur auszutauschen. In unseren regelmäßigen Sitzungen kommt das Thema naturgemäß immer öfter zur Sprache und wir haben mit zwei Vertreter*innen an der Informations-VK der TÖBS (Träger öffentlicher Belange) teilgenommen. Daneben begleiten wir das Thema auch in der Ratsarbeit. Der Kontakt zum LWL und die Vorgespräche zur Denkmalbereichssatzung sind durch die Kontaktvermittlung meiner Frau, Mitglied der LWL-Landschaftsversammlung, zum zuständigen Dezernenten der LWL-Verwaltung ermöglicht worden. Wir haben außerdem Gespräche auf Landes- und Bundesebene geführt, um auf die Problemstellungen hier in Schwelm aufmerksam zu machen. Nicht zuletzt haben wir im Sommer mit unserem Bundestagsabgeordneten Herrn Dr. Janosch Dahmen einen längeren Austausch zu diesem Thema gehabt. Wie Sie sicher wissen, war er auch am 10.01.2025  zum Gespräch mit den Bürgerinitiativen vor Ort.

Zu 3. In den vergangenen zwei Jahren haben wir uns wie beschrieben wiederholt mit der Problematik befasst. Auch in Zukunft werden wir uns aktiv für die Interessen der Schwelmer*innen einsetzen. Konkret planen wir:

  • Technische Optimierungen: Wir werden darauf drängen, dass Amprion alle technischen Möglichkeiten prüft, um die Belastung für die Anwohnerinnen und Anwohner zu minimieren. Außerdem müssen die vielen offenen Fragen zur Notwendigkeit und zu möglichen Trassenführungen endlich umfänglich beantwortet werden, um ein sinnvolles Gesamtbild zu erhalten
  • Politische Unterstützung: Unsere Fraktion wird Sie durch die Vermittlung von Kontakten zu relevanten Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern auf Landes- und Bundesebene unterstützen. Wir stehen in engem Austausch mit unseren GRÜNEN Kolleginnen und Kollegen in Düsseldorf und Berlin um eine politische Unterstützung von dort sicherzustellen. Nach meiner Kenntnis schließen sich auch die Büros der unterschiedlichen Bundestagsabgeordneten zusammen, um die für uns alle wichtigen Antworten auf die offenen Fragen zu bekommen.
  • Dialog und Transparenz: Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Planungen in einem offenen und transparenten Dialog erfolgen. Dazu gehört auch, die Anliegen Ihres Vereins und des Bürgervereins Linderhausen als Vertretung der Bürgerschaft aktiv in die Diskussionen einzubringen und allen Bürger*innen in einer „echten“ Informationsveranstaltung die Chance zu geben sich zu beteiligen. Nach meiner Kenntnis hat Amprion einer solchen „echten“ Informations- und Austauschveranstaltung bereits zugestimmt. Auf meine Bitte hin wird Herr Bürgermeister Langhard dieses Thema im nächsten Ältestenrat am 20.01.2025 mit aufnehmen. Auch ein Austausch dazu zwischen den Fraktionen und den Vereinen ist angeregt. 

Um es noch einmal deutlich zu machen, auch weil Sie in Ihrem Anschreiben auf die bevorstehende Kommunalwahl eingehen. Unsere Arbeit endet weder nach der Bundestagswahl im Februar 2025, noch mit der Kommunalwahl im September. Auch nach 2025 werden wir weiterhin für die Interessen der Schwelmer*innen bei diesem wichtigen Thema eintreten. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Schwelm im weiteren Verlauf der wichtigen Arbeiten für die Energiewende nicht unverhältnismäßig belastet wird und hoffen hier auf breite Unterstützung. Ein Kern ist die dezentrale Energieversorgung vor Ort. Je mehr Energie wir vor Ort produzieren, desto weniger muss über Netze transportiert werden. Ein wichtiger Baustein ist auch die frühzeitige und zügige Fertigstellung der kommunale Wärmeplanung. 

Zur Zeit ist das geplante Projekt in einem Stadium, in dem es deutlich mehr Fragen als Antworten gibt. Es fehlt an einem anständigen und transparenten Verfahren seitens Amprion. Lassen Sie uns gemeinsam versuchen, hier für Schwelm eine gute Lösung zu finden.

Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten konnte. Gerne stehe ich Ihnen und Ihrem Verein für ein persönliches Gespräch zur Verfügung, um weitere Details zu besprechen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.

Herzliche Grüße
Marcel Gießwein
B´90/Die Grünen Schwelm

Am 19.12.2024 um 10:00 schrieb Dr. Harald Schloßmacher | Energievernunft Schwelm e.V.

Sehr geehrter Herr Gießwein,

wie Ihnen sicherlich bekannt ist, plant die Amprion GmbH den Neubau einer Höchstspannungsfreileitung von Hattingen nach Linde. Dafür soll die bestehende mit 110 kV betriebene „kleine” Trasse aus den 1950er Jahren abgerissen und durch eine sehr viel größere und erheblich emissionsstärkere Neubautrasse in der 380 kV Spannungsebene ersetzt werden. Teil dieses Projekts ist auch ein neues Umspannwerk im Ortsteil Linderhausen. 

Bei Realisierung dieses Projekts würde eine emissionsstarke Nord-Süd-Stromtrasse mitten durch die Wohnbebauung im Schwelmer Westen und Südwesten verlaufen. Das Umspannwerk würde die bisher noch intakte Kulturlandschaft der Linderhauser Mulde in erheblichem Maße beschädigen. Keine Infrastrukturmaßnahme wird Schwelm in den kommenden Jahren mehr und in sehr negativer Weise prägen als der Bau dieser Trasse und des Umspannwerkes!

Wir stehen als Bürgerinitiative Energievernunft Schwelm e.V.  gemeinsam mit dem Bürgerverein Linderhausen e.V. der konkreten Umsetzung des Projektes – wie sie sicherlich der Presse entnommen haben – äußerst kritisch gegenüber. Immer wieder werden wir von Betroffenen darauf angesprochen, was „die Politik“ hier in Schwelm für die Menschen in Bezug auf dieses Thema getan hat oder gedenkt zu tun. Unserer Wahrnehmung nach haben sich noch nicht alle politischen Parteien zu dem Thema geäußert bzw. sich engagiert.

Gerade mit Blick auf die kommende Kommunalwahl möchten wir daher gerne von ihnen wissen:

  1. Wie stehen Sie als Fraktionsvorsitzender und Partei vor Ort zu dem Bauvorhaben von Amprion?
  2. Haben Sie sich in den letzten 2 Jahren im Rahmen ihrer politischen Tätigkeit bereits ganz konkret für die Interessen der Bürger bei diesem Thema eingesetzt? Können Sie Beispiele nennen?
  3. Was sind ihre Pläne für die Zukunft? Wie gedenken Sie sich für das Thema im Jahr 2025 zu engagieren?

Wir bitten Sie, uns dies bis zum 20. Januar 2025 schriftlich mitzuteilen, damit wir den Mitgliedern unseres Vereins und der Öffentlichkeit diese Informationen zur eigenen Meinungsbildung zur Verfügung stellen können.

Mit freundlichen Grüßen
Energievernunft Schwelm e. V.
Dr. Harald Schloßmacher                                                          Stefan Wähler
1. Vorsitzender                                                                         2. Vorsitzender