17.05.2020

Angesichts der sich zuspitzenden Finanzsituation der Kommunen und der beginnenden politischen Diskussion zur Gestaltung eines Rettungsschirmes für die kommunalen Haushalte hat Jürgen Lenz heute seine diesbezügliche Position in einem offenen Brief an den Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, Herrn Armin Laschet, den Minister der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen, Herrn Lutz Lienenkämper, und die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen, Frau Ina Scharrenbach, dargelegt.

Hier das Schreiben von Jürgen Lenz:

Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen Herrn Armin Laschet
Minister der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen Herrn Lutz Lienenkämper
Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen Frau Ina Scharrenbach

Offener Brief zur Corona-bedingten Finanzsituation der Kommunen

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrter Herr Minister, sehr geehrte Frau Ministerin,

in den letzten Wochen konnten wir beeindruckt beobachten, wie es in der EU, dem Bund und den Ländern schnell, zielgerichtet und weitgehend einvernehmlich gelungen ist, Finanzmittel bereit zu stellen, um von der Corona-Pandemie betroffenen Menschen und Unternehmen auf vielfältige Weise zu helfen.

Nachdem sich in der kommunalen Familie langsam der Eindruck verstärkte, bei den Hilfsmaßnahmen nicht im Fokus zu stehen, konnte ich jetzt mit Freude den Medien die Initiative des Bundesfinanzministers zur Stützung der Kommunalfinanzen entnehmen. Die positive Stellungnahme von Ihnen Herr Finanzminister Lienenkämper hat diese Freude noch verstärkt. Ich hoffe, dass die kritische Positionierung anderer Verfahrensbeteiligter diese gute Stimmung in den nächsten Tagen nicht wieder verschlechtern wird.

Erlauben Sie mir bitte, aus der Sicht eines Schwelmer Ratsmitgliedes, eines stellv. Fraktionsvorsitzenden der CDU im Rat der Stadt Schwelm und des Bürgermeisterkandidaten von CDU und Bündnis 90/Die Grünen zu den Plänen Stellung zu nehmen.

Auch die Kommunen gehören zu den systemrelevanten Aufgabenträgern unseres Landes. Sie haben in den letzten Wochen die Mehrzahl der von Bund und Ländern beschlossenen Maßnahmen an vorderster Front umgesetzt. Sie sind es, die als Schulträger und Träger der Kinderbetreuung vor der komplexen Herausforderung stehen, Kinderbetreuung und Bildung mit Gesundheitsschutz in Einklang zu bringen, auch um die Eltern von ihren Mehrfachbelastungen zu befreien.

All diese Aufgaben führen in den Kommunen zu erheblichen ungeplanten Mehraufwendungen. Daneben brechen den Kommunen die Einnahmen weg; in meiner Heimatstadt Schwelm verringert sich die Gewerbesteuererwartung für 2020 aktuell um etwa 11 Millionen Euro. Das entspricht rund 50 % des geplanten Volumens vor Corona.

Wir befinden uns in Nordrhein-Westfalen zurzeit im Kommunalwahlkampf. Die Kandidatinnen und Kandidaten für die Räte und Kreistage sowie die Positionen der Bürgermeisterinnen, Bürgermeister, Landrätinnen und Landräte haben in den Wahlprogrammen ihre gestalterischen Ziele dargelegt. Und dabei geht es überwiegend nicht um Kirchturmpolitik oder Luxusprojekte, sondern um die Erneuerung der lange vernachlässigten kommunalen Infrastruktur sowie um nachhaltige Projekte, etwa zum Klimaschutz.

Gestalten wandelt sich aber zur beständigen Mangelverwaltung, wenn sich die Prognosen der aktuellen Steuerschätzung mit einer Minderung der kommunalen Steuereinnahmen um 12,7 Milliarden Euro (- 11,1 %) gegenüber dem Ist 2019 ungemildert in den Haushalten niederschlagen sollten.

Die Kommunen bedürfen daher aus meiner Sicht einer zweistufigen Unterstützung.

Zunächst müssen die durch Mehraufwendungen und Ertragsminderungen in Schieflage geratenen Haushalte durch allgemeine Zuweisungen gestützt werden. Kreditangebote sind hier nicht zielführend, da ja gerade in NRW viele Kommunen schon vor Corona unter der Last der Kassenkredite gelitten haben. In Schwelm – Stärkungspakt 1 Kommune – wurden durch solide Haushaltspolitik, die gute Konjunktur und auch Dank der Stärkungspaktmittel des Landes die letzten Haushalte ausgeglichen und die Kassenkredite reduziert. Jetzt musste die Ermächtigung für Kassenkredite wieder von 65 auf 75 Millionen Euro angehoben werden. Bilanzierungserleichterungen sind hier ebenfalls keine echte Lösung des Problems.

Daneben müssen die Kommunen Bestandteil der Konjunkturpakete zur Stärkung der Wirtschaft nach Corona sein. Hierdurch würden die Kommunen die notwendigen Mittel für Infrastruktur- und Klimaschutzprojekte erhalten, die dann unmittelbar zur Belebung der Wirtschaft beitragen könnten.

Die Hilfen aus beiden Stufen müssen den Kommunen schnell und ohne aufwendige bürokratische Verfahren zugänglich sein.

Es darf im föderalen Staat nicht dazu kommen, dass die Bundeskanzlerin in der Fragestunde im Deutschen Bundestag am 13.05.2020 sagt „Stand heute sind keinerlei Erhöhungen von Abgaben und Steuern geplant“ und den Kommunen dann für ihr Überleben der schwarze Peter der Grund- und Gewerbesteuererhöhungen zugeschoben wird.

In diesem Sinne hoffe ich auf Ihre Unterstützung als Landesregierung – aber auch als Mitglieder in den Gremien unserer Partei – bei der zielgerichteten Realisierung eines auskömmlichen Corona-Rettungsschirms für die Kommunen in NRW.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Jürgen Lenz
Bürgermeisterkandidat für Schwelm